Von Mumien, Fresken und Kirchencafés Sieben Kirchen des Kleinen Odenwalds öffneten ihre Türen zur Kirchenradtour des Sportkreises Mosbach und des evangelischen Kirchenbezirks. Die Sonne war den 20 Teilnehmenden aus verschiedenen Orten kommend hold, als sie sich wie jedes Jahr am letzten Sonntag im August mit ihren E-Bikes aufmachten, dennoch fleißig in die Pe- dale traten, um die sieben Kirchen des Kleinen Odenwalds zu „erradeln“. Der erste Stopp dieser etwas anderen Rad- tour war Neckarkatzenbach. Pünktlich um 10:30 Uhr zum Gottesdienst hießen Norbert Bienek und die Sportkreisvor- sitzende Dr. Dorothee Schlegel, beide auch Prädikanten im Kirchenbezirk, die Gäste ebenso in der Kirche willkommen wie Pfarrer Samuel Goerke, der die Tour und damit die Gruppe begleitete. Nach den nachdenklichen Hiobsbotschaften aus der Predigt gab er allen mit dem Lied „Wir wollen aufstehn, aufeinander zugehn, voneinander lernen, miteinander umzu- gehen“ Aufgaben und Ermutigungen mit auf den Weg. Denn, so heißt es weiter: “Es wird Zeit, sich zu bewegen und nicht nur zu la- mentieren“. Das gelte ebenso für die gesellschafts- politische Übernahme von Verantwortung und un- ser alltägliches Zusammenleben, als auch für die weltpolitische Lage, resümierten die Veranstal- tenden. Über 500 Jahre alt ist die Liebfrauenkirche in Neckar - katzenbach inzwischen, die einst Wallfahrtskirche hätte werden sollen. Es geht auf eine Legende zu- rück, dass nun eine Pieta im evangelischen Kirchen - raum hängt, nachgebildet derjenigen in der katho- lischen Kirche am Ort. Neunkirchens Kirche war das nächste Ziel. Neben der Walker-Orgel sorgte vor allem der zu renovie- rende Turm für Gesprächsstoff, war doch ein ehe- maliger Bauleiter in der Radlergruppe mit dabei, der erklären konnte, wie der Jahrzehnte zuvor halb zerstörte Turm Anfang der 1990er-Jahre nach da- maligen Erkenntnissen renoviert worden ist, aber jetzt der baulichen Hilfe bedarf. In der Michelbacher Kirche überraschte sowohl der Fresken geschmückte Chorraum, als auch der Bericht über die Mumie möglicherweise einer Prin- zessin, tief unter dem Chorraum, die dort in Frieden ruhen darf. Unter der Magnolienbaum im Pfarrgar- SPORTKREISE Mosbach | www.sportkreis-mosbach.de Die kleine Daudenzeller Kirche über- raschte – vor allem, als die Besucher durch die enge Türe hinter dem Altar schritten. Alte Deckengemälde, die die vier Evangelisten darstellen, sind in die- sem Raum zu sehen, der nun als Winter- kirche benutzt wird. Klein, aber wunder- schön! Ersetzt wurde jegliche Radkarte für die Tour, übrigens zunehmend durch die Teilnehmer mit den besten Ortskennt- nissen oder treffender ausgedrückt, mit den besten Radwegekenntnissen, die (noch) nicht auf Karten abgebildet sind. In der letzten Kirche, in Breitenbronn, wurden die Radelnden mit Kaffeeduft empfangen. Auch hier tauschte man sich, nachdem die Kirche und die Gemeinde vorgestellt waren, über neue Gottesdienst- formen, Baufragen, Renovierungen, über die Zusammenarbeit mit Vereinen und die Ökumene aus. Letztere macht sich noch am Kruzifix an der Kanzel und auf dem Altar fest. Die Teilnehmer/-innen der Tour beim Zwischenstopp in Aglasterhausen zusammen mit der Sportkreisvorsitzenden. Foto: SK Mosbach ten gestattete sich die Gruppe ihre anschließende Mittagspause. Dort fanden vor wenigen Jahren ers- te Gottesdienste im Freien statt. Nun wird regel- mäßig unterm Baum gefeiert. Die Corona-Zeit mach- te erfinderisch. In Schwarzach angekommen überraschte der küh- lende Innenraum, der nun auch zum Kirchencafé im Kirchenschiff und auf der Empore einlädt, eben- so der römische Stil, in dem die Kirche ausgestal- tet ist. Anstelle eines Gemeindehauses ist nun ge- plant, mehr zu den Menschen zu gehen. Dafür soll ein Kirchenzelt angeschafft werden. Der Vorplatz diente an diesem Sonntag als „Parkplatz für die Fahrräder“. Ein Turm und zwei aneinandergebaute Kirchen fin- den sich in der Ortsmitte von Aglasterhausen. An- sätze von gelebter Ökumene gab und gibt es schon lange, war übrigens an mehreren Orten zu erfahren. Seit dem Neubau der katholischen Kirche in der Nachbarschaft wird das alte Gebäude mit der schö- nen Deckenmalerei für Veranstaltungen, wie z.B. für die Konzertreihe „Musik zur blauen Stunde“ ge- nutzt. Dass die 20-köpfige stimmgewaltige Gruppe die Akustik ausprobiert hat, verstand sich fast selbst- redend, bevor es wieder hieß: „Nun lasst uns gehn und in die Pedale treten“. Mehrfach war von den Teilnehmenden zu hören, dass sie nicht nur manche Wege das erste Mal befahren, sondern auch diese Kirchen zum ersten Mal betreten haben. Grund ist auch, dass diese Kirchengemeinden nun zum Kirchen- bezirk Mosbach gekommen sind und es deshalb der etwas andere, informelle Antrittsbesuch war. Allerdings kennen sich viele der Teilnehmenden auch über Sport- und andere Vereine. Dr. Dorothee Schlegel und Norbert Bienek, die die Abschlussandacht hielten (spontan an der Orgel begleitet von einem der Radler, gemäß dem Lied- vers: „Jeder hat was einzubringen, diese Vielfalt wunderbar“) bedanken sich bei Pfarrer Goerke, eben- so bei allen Ehrenamtlichen der Gemeinden, die die inzwischen etwas müde gewordenen Radelnden herzlich willkommen hießen, bewirtet haben und Rede und Antwort gestanden sind. Gut gestärkt sat- telten alle wieder ihre Räder. Nächstes Jahr am letzten Sonntag im August wird es ein Wiedersehen geben. Nur der Weg und das Ziel ist noch ein Geheimnis. Inzwischen sind jedoch viele Strecken zu bewältigen. Waren anfänglich noch einzelne E-Bikes zu sehen, und manch einer schob auch mal sein Rad, ermöglichen diese Räder nun Jüngeren und Älteren, Sportlicheren und weni- ger Sportlichen, längere und auch hügeligere Touren zu bewältigen. 33