Der Sport reklamiert für sich, dass er die Ge- sellschaft zusammenbringt. Aber tun sich Sportvereine nicht schwer, diese auseinander- driftende Gesellschaft zusammenzuhalten? In vielen Vereinen schreckt man zurück, sobald man merkt, dass da irgendetwas im Argen liegt. Oder man merkt, wenn ein Vereinsmitglied besonders aktiv seine kru- den Ansichten mit aufs Spielfeld bringt. In diesen Fällen sind die Vereine häufig noch hilflos, wie sie damit umgehen sollen. Passen Werte wie Respekt, Fairness, Vielfalt und Integrität noch in diese Zeit? Ja, absolut. Gerade Respekt, wie wir mit- einander umgehen, ist ungemein wichtig. Genauso wie Fairness und Vielfalt. Diese Werte werden aber nicht immer so ver- treten. Auch nicht im Sport. Es ist erschreckend. Es kann nicht wirklich sein, dass Eltern bei Spielen ihrer Kinder auf die Schiedsrichter losgehen. Da muss man ganz klar Kante zeigen, indem man auch ein- mal Vereine, die negativ auffallen, vom Spiel- betrieb ausschließt. Parallel dazu muss man die Vorfälle auch aufarbeiten, denn sonst sind sie schnell wieder vergessen. Da gibt es eine Menge zu tun. Ihre Vorgängerin Margarete Lehmann hat immer wieder festgestellt, dass Frauen selbst- kritischer und zurückhaltender sind, wenn es darum geht, eine Aufgabe in einem Sportverein zu übernehmen. Ist Ihre Wahrnehmung ähnlich? Ich muss schon sagen, dass es im Vergleich zu Männern immer noch eine gewisse Zurück- haltung gibt. Männer sagen schneller: „Ja, das traue ich mir zu, das mache ich.“ Frauen zweifeln erst einmal und denken: Vielleicht bin ich doch nicht gut genug? Frauen müs- sen nach wie vor ein wenig geschubst wer- den. Ich glaube aber, dass es besser wird, weil es mittlerweile Vorbilder gibt. Aber es gibt doch Beispiele, dass Frauen Prä- sidentin eines Sportverbandes oder Sportver- eins sind. Das stimmt, aber auf höheren Ebenen ist es oft noch ein langer Weg. Im Kleinen funktio- niert’s. Wir merken das auch im Triathlon- verband. Wir bekommen mehr Kampf- richterinnen, auch die Trainerinnen werden mehr. Wenn man Persönlichkeiten sieht, an denen man sich orientieren kann, dann macht das schon sehr sehr viel aus. Wie wichtig sind Frauen in Führungspositionen für den Sport? Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Frauen andere Fähigkeiten mit einbringen. Auch in Diskussionen merkt man die andere Sichtweise. Manchmal ist es das empathi- schere, das ausgleichendere Naturell. Aber es ist schon auch so, dass sich die Fähigkeiten ergänzen, deshalb braucht es die Frauen ein- fach auch. Da geht es nicht um besser oder schlechter, sondern um anders. Ich sehe ein Ergänzen und gemeinsam stärker sein. Letz- ten Endes ist es die Vielfalt der Fähigkeiten. Sie sind Triathletin. Was macht für Sie den Reiz aus? Was lässt sich davon in den Berufsalltag übertragen? Sehr viel. Einerseits ist es das Koordinieren, das strukturiert sein. Ich muss mich nicht nur auf eine Sportart vorbereiten, sondern auf drei Disziplinen. Dazwischen gibt es noch etwas, das nennt sich Wechsel. Es ist also sehr komplex. Auch der Trainingsalltag ist herausfordernd, denn man trainiert ja auch die drei Disziplinen. Eine Struktur zu haben oder kreativ sortiert zu sein, ist etwas, was mir liegt. Und dann ist es ein klassischer LSVBW Ausdauersport. Ich merke, dass ich als Aus- dauersportlerin einen längeren Atem oft- mals auch im Job habe. Ich habe ein Durch- haltevermögen, bei allem Auf und Ab meine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren und zu schnell aufzugeben. Dieses Auf und Ab erwartet Sie möglicherweise auch in Ihrem Ehrenamt? Auch das. Es wird womöglich Rückschläge geben. Wenn man erkennt, dass man so momentan nicht weiterkommt, ist das Um- schalten wichtig. Auch wenn man es nicht glaubt: Per se ist Triathlon vorrangig eine Individualistensportart, aber trotzdem geht es nicht ohne ein Team im Hintergrund. Man hilft sich gegenseitig, freut sich miteinander. Das Gemeinsame ist mir sehr wichtig. q Das Gespräch führte Klaus-Eckhard Jost Ausschuss gewählt Die LSVBW-Frauenvollversammlung hat am 29. März 2025 in Baden-Baden Stein- bach mit den Delegierten der Mitglieds- organisationen getagt. Als Vertreterin für das LSVBW-Präsidium „Frauen und Gleichstellung im Sport“ und Vorsitzende des Ausschusses wurde Julia Heckmann (4.v. r.) gewählt. Die Esslingerin tritt die Nachfolge von Margarete Lehmann (4.v. l.) an, die nach zwölf Jahren nicht mehr zur Wahl angetreten ist. Bei der LSVBW-Mit- gliederversammlung am 19. Juli 2025 wird Heckmann den Delegierten zur Be- stätigung vorgeschlagen. Die weiteren Mitglieder des Ausschusses, Dr. Ulrike Korsten-Reck (3.v. r.), Jutta Hannig (r.) und Elke Rutschmann (2.v. l.), wurden gewählt. Gratuliert haben Manuela Gemsa (BSB Frei- burg/3.v. l.) sowie Andreas Felchle (WLSB, l.) und Jürgen Scholz (LSVBW). Foto: LSVBW 5