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SPORT IST WERT(E)voll Zahlen, Daten und Fakten zur „Sozialrendite“ des Vereinssports BADISCHER-SPORTBUND.DE
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS INHALTSVERZEICHNIS Vorwort Einführung und Vereinsstruktur 1. Ehrenamtliches Engagement 2. Leistungen der Sportvereine 2.1 Breites (Sport-)Angebot 2.2 Leistungssport 2.3 Gesundheitsversorgung der Bevölkerung 2.4 Integration und Teilhabe 2.5 Partner in Bildung und Erziehung 3. Mitgliedsbeiträge, Wirtschaftskraft und Infrastruktur 3.1 Mitgliedsbeiträge 3.2 Wirtschaftskraft und Steuern 3.3 Infrastruktur - Sportstätten und Sportgeräte 4. Sozialrendite und gesellschaftlicher Mehrwert 4.1 Sozialrendite 4.2 Gesellschaftlicher Mehrwert 5. Unterstützungsnotwendigkeit und besondere Herausforderungen Impressum und Quellenangabe 4 5 6 8 8 10 11 12 13 15 15 16 17 19 19 20 21 23 3
VORWORT © Helmut Pfeifer Liebe Leser*in, das Präsidium und die Sportkreise des Badischen Sportbundes Nord haben sich seit Herbst 2020, als er- kennbar war, dass die Corona-Pandemie für den Sport länger gravierende Einschnitte mit sich bringt, in- tensiv mit der Frage beschäftigt, wie wir anhand von Zahlen, Daten und Fakten die Bedeutung und die Notwendigkeit nachhaltiger Förderung und Unter- stützung von Sportvereinen transparenter machen können. Handlungsleitend dabei war, dass wir mit re- alistischen Zahlen seriös argumentieren, um eine gute und belastbare Grundlage und Entscheidungs- hilfe für all jene zu schaffen, die in schwierigen Zeiten politische Verantwortung tragen und von vielen Sei- ten mit Forderungen konfrontiert werden. Wir haben den Fokus dieser (ersten) Publikation unter dem Titel „Sport ist WERT(E)voll!“ dabei auf den monetären Mehrwert von Investitionen in den organisierten Sport in Nordbaden gelegt, wohl wissend, dass damit eine Engführung des Fokus verbunden ist. Weitere Dimensionen des Sports, wie dessen Nutzen für die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder eine umfassende Gesundheit, werden durch diese Herangehensweise nicht adäquat abgebildet. Mit auf den Weg geben möchte ich für die Lektüre folgenden Gedankengang, der mir in der politischen Auseinandersetzung mit den Kosten von Investitio- nen gelegentlich zu kurz kommt und der in einem 4 ZEIT-Artikel Ende Mai 2021 von Mark Schieritz wun- derbar herausgearbeitet wurde: Häufig werden Investitionen für den Sport, wie für manch andere Bereiche auch, lediglich als Ausgabepos- ten wahrgenommen als wäre das eine konsumtive Ausgabe ohne Wiederkehr. Womit sich die Frage stellt, ob wir uns das (als Gesellschaft) überhaupt leis- ten können – ob das nicht zu viel kostet? Es lohnt sich dabei, den Kostenbegriff weiter zu denken. Denn an- ders als beim Kauf eines Paars Schuhe ist bei staatli- chen Investitionen in den organisierten Sport das Geld ja nicht einfach weg: In der Geschäftswelt wird jede finanzielle Transaktion von zwei Seiten betrachtet – den Kosten wird gewis- sermaßen deren Nutzen gegenübergestellt. Wenn man wissen will, ob Investitionen in den Sport sinn- voll sind, dann muss man sich anschauen, welcher Nutzen damit verbunden ist, also die andere Seite der Bilanz. Zu geringe Investitionen können nachge- lagert schwerwiegende Konsequenzen haben, da bspw. Infrastruktur nicht erhalten oder wichtige ge- sellschaftliche Leistungen nicht mehr erbracht wer- den, deren Kompensation am Ende viel teurer wird. Außerdem führen Zuschüsse und Investitionen in den Sport zu Folgeinvestitionen. Ein paar dieser Facetten möchten wir mit dieser Publikation beleuchten, auch wenn klar ist, dass die Bilanzierung der Förderung ei- nes gesamten Systems von Organisationen nicht ohne Weiteres und schon gar nicht eindeutig mög- lich ist. Aber wenn der Nutzen stimmt, sind die Kos- ten nicht das Problem oder anders ausgedrückt: nicht am, sondern mit dem Sport sparen ist das Gebot der nächsten Jahre; der Solidarpakt IV weist hier in eine Richtung, die auch bei der wichtigen kommunalen Förderung eingeschlagen bzw. beibehalten werden muss. Ihr Martin Lenz Präsident
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS EINFÜHRUNG UND VEREINSSTRUKTUR Zielstellung der Publikation „Zahlen, Daten und Fakten zur ,Sozialrendite‘ des Vereinssports“ un- ter dem Slogan Sport ist WERT(E)voll ist es, zentrale Leistungen und Ergebnisse unseres Vereins- systems im Badischen Sportbund Nord (und in Baden-Württemberg) transparent zu machen1. Einige dieser Leistungen und Ergebnisse lassen sich monetär beziffern und in Relation setzen zu eingebrachten Fördergel- dern und somit kann eine Art Sozialrendite für diese Bereiche abgeschätzt werden. Unter Sozialrendite verstehen wir da- bei recht pragmatisch die Bezifferung des (in sehr hohem Maß generierten) monetären Mehrwerts von eingebrachten Landesfördermitteln durch unsere Mitgliedsvereine. Wir sind uns dabei bewusst, dass dies eine Sichtweise ist, die primär unter finanziellen Gesichtspunkten erfolgt und nicht den Anspruch hat, den WERT der Sportvereine für die Gesellschaft vollumfänglich zu berechnen. Spannend daran ist, dass sich bereits mit diesem verengten pekuniären Blick viele Investiti- onen als finanzrationale Investitionsentscheidungen erweisen. In den Kapiteln 1 bis 3 erfolgt zunächst eine Einordnung der Situation in den Themenbereichen Engagement, Vereinsleis- tungen und Finanzen/Infrastruktur, wie sie sich bundesweit darstellt, gefolgt von konkreten Zahlen aus Baden-Württem- berg, dem Badischen Sportbund Nord und den zugehörigen Sportkreisen. Im 4. Kapitel wird die Sozialrendite in einigen Bereichen exemplarisch eingeschätzt und eine Einordnung des „WERTES“ des organisierten Sports in einen größeren Rah- men vorgenommen. Im abschließenden 5. Kapitel wird auf vorhandene Problemlagen und (zukünftige) Unterstützungs- notwendigkeiten eingegangen. MITGLIEDER BSB NORD 2020 Der Landessportverband Baden-Württemberg zählte mit seinen drei Sportbünden Württembergischer Landessport- bund, BSB Freiburg und BSB Nord im Jahr 2020 knapp vier Millionen Mitglieder in 11.300 Vereinen. Unter dem Dach des BSB Nord sind 52 Fachverbände mit den unterschied- lichsten Sportarten vereint – von Bowling bis Boxen, von Tauchen bis Turnen. Der Sport wird von ca. 2.500 Vereinen für knapp 790.000 Mitglieder in neun Sportkreisen ange- boten. Der BSB Nord stellt damit in seiner Gesamtheit die größte Personenvereinigung in Nordbaden dar. Anzahl Vereine Anzahl Mitglieder Vereinsgröße absolut in % absolut in % bis 300 Mitglieder 1.685 69,26 % 195.345 24,74 % 301 - 800 Mitglieder 537 22,07 % 259.308 32,84 % 801 - 2000 Mitglieder 180 7,40 % 207.118 26,23 % > 2000 Mitglieder 31 1,27 % 127.725 16,18 % Gesamt 2.433 100 % 789.496 100 % ABSTRACT / KURZFASSUNG Die ersten drei Kapitel zeigen eindrucksvoll die nachweislichen Leistungen und Ergebnisse der Arbeit unserer Sport- vereine auf. Neben der schieren Menge an Effekten beeindruckt deren Vielfältigkeit. Es wird mehr als deutlich, dass sich die monetäre Unterstützung im Sport lohnt und rechnet, da jeder eingesetzte Euro zur Vereinsförderung ein Vielfaches an Mehrwert nach sich zieht, und das obwohl sich der gesamte Umfang des gesellschaftlichen Wertes kaum bis gar nicht verlässlich abbilden lässt. Dass diese Vereinsförderung auch absolut zwingend nötig und nicht nur optional ist, wird aber ebenso mehr als deutlich. Vereine sind keine Orte der permanenten Glückseligkeit, vielmehr stehen viele vor großen Herausforderun- gen, gerade in pandemischen Zeiten. Es bedarf also künftig großer Anstrengungen, um diesen gesellschaftlichen Schatz zu bewahren und zukunftsfähig zu halten. 1 Für diese Zusammenstellung wurden Datenbestände der Sportentwicklungsberichte für das Verbandsgebiet des BSB Nord zusätzlich zu den bestehenden Daten für Baden-Württemberg ausgewertet. Ein großer Dank gilt dafür der Deutschen Sporthochschule in Köln, namentlich Herrn Prof. Dr. Breuer sowie Frau Feiler (Insti- tut für Sportökonomie und Sportmanagement). Daneben wurde auf verbandseigene Quellen zurückgegriffen. Die Daten bilden die Situation direkt vor Beginn der Corona-Pandemie ab. Diese Publikation beruht auf verlässlichen Zahlen, stellt aber explizit keine wissenschaftliche Studie zur Ermittlung eines Social Return on Investment (SROI) dar. Wir erheben auch nicht den Anspruch, alle Aspekte vollumfänglich berücksichtigt zu haben. 5
1. EHRENAMTLICHES ENGAGEMENT Versucht man den Wert des ehrenamtlichen Engagements zu bestimmen, so zeigt sich, dass Ehrenamtliche in den Sportvereinen Deutschlands eine erhebliche Wertschöp- fung erbringen, auch wenn diese Leistung nicht in die volkswirtschaftliche Gesamtleistung der Bundesrepublik einfließt. ehrenamtlichen Trainer*innen und Übungsleiter*innen. Die- se wenden durchschnittlich gut vier Stunden pro Woche für ihr Engagement im Sportverein auf, was zu einem gesam- ten monatlichen Engagementumfang von rund 10,8 Mio. Stunden führt. Dies entspricht einer jährlichen Wertschöp- fung von rund € 1,95 Mrd. So beläuft sich das durchschnittliche monatliche Engage- ment von Vorstandsmitgliedern in deutschen Sportverei- nen auf neun bis 26 Stunden, abhängig von der Vorstands- position. Dies führt zu einem gesamten monatlichen Engagementumfang von rund 13 Mio. Stunden. Würde man diese Zeit durchschnittlich mit € 15 pro Stunde bezah- len, so würde man eine jährliche Wertschöpfung von rund € 2,34 Mrd. erreichen. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Es zeigt sich, dass ehrenamtlich Engagierte in den Sportvereinen in Deutschland in Summe knapp € 4,3 Mrd. erwirtschaften.2 Zu beachten ist, dass diese Zahlen noch nicht die Engagementumfänge der freiwilligen Schieds- und Kampfrichter*innen sowie die investierte Zeit der freiwilligen Helfer*innen beinhalten (vgl. Breuer, Feiler & Rossi (2020)). DIE SITUATION IN BW L Ca. 245.000 Ehrenamtliche sind in Sportvereinen aktiv. L Im Durchschnitt ist jeder Ehrenamtliche ca. 13 Stunden pro Monat für seinen Verein tätig. schöpfung von über € 45 Mio. bzw. eine jährliche Wertschöp- fung von rund € 550 Mio. durch ehrenamtliches Engagement in den Sportvereinen. L Landesweit ergibt sich daraus eine Arbeitsleistung von rund drei Millionen Stunden pro Monat oder 36 Millionen Stunden pro Jahr. L Dies entspricht einer monatlichen landesweiten Wert- L Zusätzlich sind in Baden-Württemberg rund ein Viertel der Vereinsmitglieder als Freiwillige im Einsatz. Dies bedeutet hochgerechnet, dass sich rund 900.000 Mitglieder als frei- willige Helfer bei entsprechenden Arbeitseinsätzen im Verein engagieren. DIE SITUATION IN NORDBADEN UND DEN ZUGEHÖRIGEN SPORTKREISEN Sportkreis Ehrenamtliche Stunden/Monat Wertschöpfung/Jahr Freiwillige 1 Tauberbischofsheim 2 Buchen 3 Mosbach 4 Sinsheim 5 Heidelberg 6 Mannheim 7 Bruchsal 8 Karlsruhe 9 Pforzheim Enzkreis BSB Nord (alle Sportkreise) 2.436 1.962 2.432 3.847 9.075 10.605 5.596 10.417 5.301 30.824 17.017 27.395 45.952 124.601 155.727 81.571 154.559 70.153 € 5.548.320 € 3.063.060 € 4.931.100 € 8.271.360 € 22.428.180 € 28.030.860 € 14.682.780 € 27.820.620 € 12.627.540 51.671 707.799 € 127.403.820 23 % 30 % 23 % 26 % 21 % 22 % 28 % 24 % 26 % 24 % 2 Die Summe beruht auf Hochrechnungen und Annahmen und ist daher nur als Annäherung an die tatsächliche Wertschöpfung des ehrenamtlichen Engage- ments zu verstehen 6
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS VEREINSBEISPIEL SPORTKREIS PFORZHEIM ENZKREIS Der SV Büchenbronn besteht aus zwei Abteilungen und 13 Sportarten. Er hat ca. 1.400 Mitglieder (davon 650 Kinder und Jugendliche) und wird von einem achtköpfigen, ehren- amtlichen Präsidium sowie den Abteilungsverwaltungen geführt. Das umfangreiche sportliche und gesellige Angebot für Kinder bis zu den Älteren wird von rund 20 qualifi- zierten und lizenzierten Übungsleiter*innen und ebenso vielen Fußballtrainer*innen ins Werk gesetzt, die zusammen monatlich überschlägig 400 (!) Arbeitsstunden erbringen. Hinzu kommen unzählige Helferstunden für gesellige Veranstaltungen. Eines von unzähli- gen Beispielen für das herausragende Engagement unserer Vereine! SPORTVEREINE LEBEN VOM EHRENAMT Um den Sport für knapp 790.000 Menschen in Nordbaden zu organisieren und umzusetzen bringen sich rund 50.000 Ehrenamtliche in Form eines dauerhaften und regelmäßigen Engagements ein und leisten dabei über 700.000 Arbeitsstunden pro Monat bzw. 8,5 Mio. Stunden pro Jahr, was einer Wertschöpfung von ca. 130 Milli- onen Euro entspricht! Ca. 200.000 Mitglieder helfen zudem sporadisch mit und unterstreichen damit, dass Vereine viel mehr sind als reine Sportdienstleister. 50.000 Ehrenamtliche engagieren sich dauerhaft und regelmäßig. 700.000 Arbeitsstunden leisten sie dabei pro Monat. 8.5 MIO. Stunden sind das pro Jahr. Das entspricht einer Wertschöpfung von 130ca. MIO. € 7
2. LEISTUNGEN DER SPORTVEREINE Das unentgeltliche Engagement führt zu einem beträchtlichen Output an Leistungen für die Gesellschaft. 2.1 BREITES (SPORT-)ANGEBOT Sportvereine versorgen die Bevölkerung mit vielfältigen Möglichkeiten, ihre Freizeit sinnvoll, selbstbestimmt und bewegt zu gestalten. Dass dies die Hauptaufgabe unserer Vereine ist, muss stets im Fokus bleiben, auch wenn Fra- gen danach, was Vereine bspw. für die Gesundheit, für die Integration oder in der Bildung leisten auch ihre Berechti- gung haben. Einzelne Vereine bieten bis zu 45 verschiede- ne Sportarten an, um der jeweiligen Sport-Leidenschaft entsprechend nachgehen zu können und insbesondere junge Menschen an Sport und Bewegung heranzuführen (vgl. Breuer, C., Feiler, S. & Rossi, L. (2020)). Dass dies gelingt, DIE SITUATION IN BW L Über alle Mitglieder und Altersgruppen hinweg liegt der Organisationsgrad bei 36 %. L In der Altersgruppe der 7-14 Jährigen liegt der Organisati- onsgrad in BW bei 79 % - ca. 4 von 5 Kindern/Jugendlichen zeigen die hohen Organisationsgrade im Bereich der Kin- der und Jugendlichen. Eine wichtige Zugangsmöglichkeit stellen dabei die im Vergleich zu anderen Aktivitäten und im Vergleich zur erbrachten Leistung unglaublich niedri- gen Mitgliedsbeiträge dar (s.u.). Neben dem klassischen Sportangebot setzen viele Vereine auf die Förderung der Gemeinschaft durch die Ausrichtung von Festen und ge- selligen Veranstaltungen. Es zeigt sich somit, dass Sport- vereine nicht nur einen Ort für die körperliche Ertüchti- gung darstellen, sondern auch die Möglichkeit zum sozialen Miteinander bieten und auch hierbei eine wichti- ge Rolle in der Gesellschaft übernehmen. in dieser Altersgruppe sind Mitglied in einem Sportverein! L Im Jahr 2016 haben 95 % der Vereine bzw. gut 10.700 Vereine außersportliche Veranstaltungen angeboten DIE SITUATION IN NORDBADEN UND DEN ZUGEHÖRIGEN SPORTKREISEN 3 Sportkreis Organisationsgrad (OG) OG 0-17 Jahre OG 18-64 Jahre OG 65+ Jahre 1 Tauberbischofsheim 2 Buchen 3 Mosbach 4 Sinsheim 5 Heidelberg 6 Mannheim 7 Bruchsal 8 Karlsruhe 9 Pforzheim Enzkreis BSB Nord (alle Sportkreise) 47 % 54 % 40 % 45 % 34 % 26 % 40 % 31 % 31 % 34 % 64 % 63 % 57 % 60 % 60 % 48 % 67 % 57 % 51 % 56 % 46 % 54 % 39 % 42 % 28 % 21 % 34 % 27 % 27 % 29 % ORGANISATIONSGRAD (ANTEIL DER MITGLIEDSCHAFTEN IN RELATION ZUR BEVÖLKERUNG) unter 3 Jahren 3 bis unter 6 6 bis unter 10 10 bis unter 15 15 bis unter 18 18 bis unter 25 25 bis unter 35 35 bis unter 45 45 bis unter 65 65 bis unter 75 75 und älter 36 % 45 % 32 % 40 % 30 % 25 % 37 % 26 % 26 % 29 % 12% 41% 72% 77% 66% 35% 25% 27% 31% 32% 27% 3 Beachte: Der Organisationsgrad lässt sich nur näherungsweise bestimmen. In einzelnen Gemeinden sind Vereine zwei Sportkreisen oder auch unterschiedlichen Sportbünden zugeordnet. 8
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS VEREINSBEISPIEL TSG WEINHEIM Die TSG Weinheim bringt über 6.000 Mitglieder in über 50 Vereinsabteilungen und Sport- gruppen in Bewegung. Das Spektrum der 15 Wettkampfsportarten reicht von American Football über Fechten bis zum Wasserball. Neben dem ,klassischen‘ Vereinsangebot be- treibt die TSG Weinheim auch eine eigene Sport-Kindertagesstätte, eine Kindersportschu- le, ist Betreiber des Waldschwimmbades in Weinheim, hat ein vereinseigenes Gesundheits- studio und trägt mit ihrem Gesamtangebot von weit über 1.000 angeleiteten Sport- stunden pro Woche maßgeblich zur Gesunderhaltung der Weinheimer Bevölkerung bei. © LSB NRW Andrea Bowinkelmann SPORTVEREINE HABEN VIEL ZU BIETEN Etwa jede/r dritte Bürger*in ist in einem Sportverein. Im Grundschulalter und zu Beginn der weiterführenden Schule erreichen die Sportvereine in Nordbaden nahezu vier von fünf Kindern und unterstützen diese in ihrer körperlichen Entwicklung, vermitteln aber auch darüber hinaus zentrale gesellschaftliche Werte. 9
2.2 LEISTUNGSSPORT Neben den vielfältigen Angeboten im Breitensport spielen die Sportvereine eine wichtige Rolle im Leistungssport. So bilden sie laut Nachwuchsleistungssportkonzept des DOSB die Basis bei der Talentsichtung und -förderung und sind zuständig für die Grundlagenausbildung der Nach- wuchsathlet*innen. Knapp ein Drittel der Vereine in Deutschland ist in das Leistungssportsystem eingebunden (vgl. Breuer, Feiler & Rossi (2020)). DIE SITUATION IN BW L Gut 18 % der Sportvereine in BW haben Kaderathlet*innen4 in ihren Reihen. L Zudem geben über 32 % der Vereine an, dass Sportler*innen in eine Aus- wahl berufen wurden. DIE SITUATION IN NORDBADEN UND DEN ZUGEHÖRIGEN SPORTKREISEN 4 Sportkreis Kaderathlet*innen in Auswahl 1 Tauberbischofsheim 2 Buchen 3 Mosbach 4 Sinsheim 5 Heidelberg 6 Mannheim 7 Bruchsal 8 Karlsruhe 9 Pforzheim Enzkreis BSB Nord (alle Sportkreise) 3 % 0 % 6 % 12 % 16 % 22 % 24 % 17 % 15 % 16 % 26 % 32 % 15 % 25 % 36 % 40 % 34 % 31 % 38 % 32 % VEREINSBEISPIEL SPORTKREIS BRUCHSAL Der Ju-Jutsu-Verein Philippsburg führt seine Mitglieder und Teams durch gezielte und konsequente Nachwuchsförderung zu spitzensportlichen Erfolgen, bis hin zu Deutschen, Europa- und Weltmeisterschaften, wovon u.a. die zahlreichen Titel bei Weltmeisterschaf- ten und Medaillen bei den World Games zeugen. Die hervorragende Arbeit wird durch zahlreiche Preise wie „Das Grüne Band“, „Vorbild sein“ oder den „LSV-Trainerpreis“ unterstri- chen. Aktuell trainieren 12 Leistungssportler*innen, davon acht Bundeskaderaderath- let*innen und vier Landeskaderathlet*innen in Philippsburg. Acht lizenzierte Trainer*in- nen kümmern sich um deren Betreuung in Training und Wettkampf. SPORTVEREINE SIND DIE WIEGE VON OLYMPIASIEGER*INNEN Etwa ein Drittel der Vereine engagiert sich nachweislich im Leistungssport. Während die Zugehörigkeit zu den offi- ziellen Leistungskadern des organisierten Sports in denjenigen Vereinen verbreitet ist, die in Ballungsgebieten be- heimatet sind, ist die Berufung von Sportler*innen in eine Auswahl nicht so sehr von der regionalen Lage beeinflusst. Die nordbadischen Vereine bieten somit eine flächendeckende Möglichkeit, Sport mit hohen Leistungszielen zu be- treiben und halten damit auch einen wichtigen gesellschaftlichen Wert hoch. 4 Zu beachten ist, dass der Anteil an Vereinen mit Kaderathlet*innen nur richtungsweisend interpretiert werden sollte. Neben dem Umstand, dass unterschiedliche Kader existieren, sind die leistungssportlichen Spezifika der einzelnen Sportarten höchst unterschiedlich und gerade beim Leistungssport, dem sich manche Ver- eine verschrieben haben und andere nicht, kann die (Nicht-)Beteiligung einzelner Vereine an den Erhebungen der Sportentwicklungsberichte bzw. an den diesbe- züglichen Fragestellungen merkliche Veränderungen nach sich ziehen. Die Erkenntnisse zur Regionalität decken sich mit den Erfahrungswerten des BSB Nord-ei- genen Leistungssportwettbewerb „Talentförderung im Sport“. 10
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS 2.3 GESUNDHEITSVERSORGUNG DER BEVÖLKERUNG Die Sportvereine in Deutschland engagieren sich im Ge- sundheitssport und bauen ihr Angebot weiter aus. So bie- tet knapp ein Drittel der Vereine Gesundheitssport an. Ne- ben allgemeinen Gesundheitssportangeboten, die u.a. Nordic Walking sowie Gymnastikangebote beinhalten, en- gagieren sich Sportvereine in den Bereichen der Rehabili- tation sowie bei Angeboten für Menschen mit Behinde- rungen und chronischen Erkrankungen (vgl. Breuer, Feiler & Rossi (2020)). DIE SITUATION IN BW L knapp jeder dritte Sportverein bzw. rund 3.440 Sportvereine in Baden- Württemberg bietet Programme mit explizitem Gesundheitsbezug an. L im Mittel weisen knapp 11 % der Sportangebote der Vereine einen expliziten Gesundheitsbezug auf. DIE SITUATION IN NORDBADEN UND DEN ZUGEHÖRIGEN SPORTKREISEN Sportkreis 1 Tauberbischofsheim 2 Buchen 3 Mosbach 4 Sinsheim 5 Heidelberg 6 Mannheim 7 Bruchsal 8 Karlsruhe 9 Pforzheim Enzkreis BSB Nord (alle Sportkreise) Vereine mit Gesund- heitssport Anteil Gesundheits- sport insg. 34 % 41 % 24 % 29 % 24 % 19 % 31 % 32 % 31 % 31 % 11 % 19 % 6 % 12 % 12 % 5 % 12 % 10 % 10 % 10 % VEREINSBEISPIEL SPORTKREIS BUCHEN Der TSV Buchen bietet Rehasport in vielen Bereichen an: von Diabetes über Herzerkran- kungen und Osteoporose bis hin zu Wirbelsäulenproblemen, um nur einige zu nennen. Dabei arbeiten speziell ausgebildete Übungsleiter*innen je nach Angebot mit einem Team aus Ärzt*innen zusammen. Daneben ist der Verein in der Gesundheitsprävention aktiv und innovativ wovon u.a. die Auszeichnungen „Seniorenfreundlicher Turn- und Sportverein“ oder Prämierungen bei den „Sternen des Sports“ für den generationenübergreifenden An- satz „Enkel trainieren Großeltern“ Zeugnis ablegen. Ein großartiges Vereinsbeispiel, wert- voller und wirkungsvoller als jedes Medikament. SPORTVEREINE HALTEN GESUND Etwa ein Drittel der Vereine engagiert sich explizit auch im Gesundheitssport. Jedes zehnte Sportangebot richtet sich dabei ausdrücklich darauf, Gesundheitsvorsorge zu betreiben oder gesundheitliche Vorerkrankungen abzumil- dern. Sportvereine sind also in erheblichem Umfang nicht nur Anbieter von gesundheitsfördernder Bewegung per se, sondern auch ein wichtiger und großer Akteur der aktiven (Sekundär-)Prävention. 11
2.4 INTEGRATION UND TEILHABE Vereinen wird allgemein eine große Integrationskraft zu- gesprochen. Dies lässt sich zum einen durch ein nieder- schwelliges Sportangebot für eine breite Bevölkerungs- schicht erzielen - es zeigte sich bspw., dass bei knapp 30 % der Vereine Geflüchtete an den Regelangeboten des Ver- eins teilnahmen und somit die Möglichkeit zum gesell- schaftlichen Austausch bekamen – zum anderen durch spezielle Integrationsangebote. (vgl. Breuer, Feiler & Rossi (2020). DIE SITUATION IN BW L 77 % der Vereine in BW ergreifen besondere Maßnahmen oder Initiativen für Kinder/Jugendliche, um deren Teilnah- me im Verein zu fördern Viele Vereine gehen ihre Aufgabe als Integrationskraft ak- tiv an und ermöglichen so die Teilhabe aller. Das lässt sich auch an den beeindruckenden Quoten der Vereine ab- lesen, die spezifische Angebote unterbreiten und damit in besonderem Maße aktiv sind. Selbstredend stellt für die meisten Vereine die Kinder- und Jugendarbeit einen sehr großen Schwerpunkt dar, was sich auch an den Aussagen zur Vereinsphilosophie ablesen lässt. L 16 % der Vereine in BW ergreifen besondere Maßnahmen oder Initiativen für Menschen mit Migrationshintergrund, um deren Teilnahme im Verein zu fördern L 36 % der Vereine in BW ergreifen besondere Maßnahmen oder Initiativen für Ältere/Senior*innen, um deren Teilnah- me im Verein zu fördern L 34 % der Vereine in BW ergreifen besondere Maßnahmen oder Initiativen für einkommensschwache Personen, um deren Teil- nahme im Verein zu fördern L 16 % der Vereine in BW ergreifen besondere Maßnahmen oder Initiativen für Menschen mit Behinderung, um deren Teilnahme im Verein zu fördern DIE SITUATION IN NORDBADEN UND DEN ZUGEHÖRIGEN SPORTKREISEN Kinder und Jugendliche Senioren Menschen mit Behinderung Menschen mit Migrationshintergrund Menschen mit niedrigem Einkommen BSB Nord (alle Sportkreise) 76 % 39 % VEREINSBEISPIEL SPORTKREIS HEIDELBERG Im TSV Pfaffengrund engagieren sich 20 Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund und 20 ohne Migrationshinter- grund gezielt im Bereich Integration. Weitere 20 Personen mit Migrationshintergrund helfen mit, den allgemeinen Vereinssport auf die Beine zu stellen. In fünf Abteilungen (Cricket, Fußball, Turnen, Leichtathletik und Tennis) wer- den gezielte Integrationsangebote unterbreitet und geför- dert. Von den rund 420 Mitgliedern und Teilnehmenden haben rund 160 einen Migrationshintergrund – ein leuch- tendes Beispiel für gelebte Vielfalt und Beteiligung. SPORTVEREINE SIND INTEGRATIONSKRAFT Nahezu alle Vereine im BSB Nord bieten in unterschiedlicher Ausprägung Angebote zur Integration von Zielgruppen an, die einer gewissen Unterstützung und besonderer Aufmerksamkeit bedürfen. Allen voran natürlich für die Jüngsten unserer Gesellschaft, aber auch für viele weitere Menschen. Sie sind, das wird eindrucksvoll belegt, im Wortsinn gemeinnützig. 12 Sportkreis 1 Tauberbischofsheim 2 Buchen 3 Mosbach 4 Sinsheim 5 Heidelberg 6 Mannheim 7 Bruchsal 8 Karlsruhe 9 Pforzheim Enzkreis 76 % 76 % 80 % 75 % 76 % 74 % 70 % 73 % 84 % 50 % 45 % 29 % 48 % 32 % 40 % 29 % 43 % 37 % 8 % 5 % 17 % 22 % 16 % 31 % 24 % 18 % 6 % 18 % 10 % 22 % 22 % 20 % 13 % 25 % 26 % 19 % 22 % 20 % 26 % 42 % 22 % 31 % 36 % 46 % 49 % 38 % 50 % 39 %
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS 2.5 PARTNER IN BILDUNG UND ERZIEHUNG Ehrenamt ist „professionell“ und qualitätsorientiert. Schaut man auf die Qualifizierungen der Vorstandsmit- glieder für ihre Tätigkeit, so zeigt sich, dass über die Hälfte der Vorstandsmitglieder für die Tätigkeit aufgrund berufli- cher Qualifikationen ausgebildet ist oder eine Vereinsma- nager-Lizenz besitzt. Rund 60 % der Trainer*innen und Übungsleiter*innen sind im Besitz einer aktuell gültigen Lizenz des organisierten Sports (vgl. Breuer, Feiler & Rossi (2020)). DIE SITUATION IN BW L In Baden-Württemberg sind mindestens 9,1 %, also insgesamt gut 1.000 Sportvereine, als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt, in Nordbaden liegt der Anteil bei über 10 %. Neben der Qualifikation des eigenen Personals für die Qualitätssicherung und -entwicklung sind Vereine und Verbände wichtige Partner für Schulen und Kindereinrich- tungen und übernehmen auch im Bereich der freien Ju- gendhilfe vielfältige Aufgaben. Sie sind somit eine wichti- ge Stütze bei der Entwicklungsförderung junger Menschen. ren massiv zugenommen, inzwischen werden weit über 1.000 Kooperationsanträge Kindergarten-Verein gestellt (in Nord- baden mit einer verpflichtenden Qualifikation zur Schulung der Selbstregulation, „PFiFF“). L Über 5.000 Kooperationsanträge Schule-Verein werden L In Baden-Württemberg gibt es über 66.000 gültige DOSB-Li- Jahr für Jahr in Baden-Württemberg gestellt, davon haben ca. 10 % einen klaren Integrationsschwerpunkt L Kooperationen mit Kindergärten haben in den letzten Jah- zenzen mit staatlicher Anerkennung! Darunter fallen Übungs- leiter*innen, Trainer*innen, Vereinsmanager*innen sowie Jugendleiter*innen DIE SITUATION IN NORDBADEN UND DEN ZUGEHÖRIGEN SPORTKREISEN Sportkreis 1 Tauberbischofsheim 2 Buchen 3 Mosbach 4 Sinsheim 5 Heidelberg 6 Mannheim 7 Bruchsal 8 Karlsruhe 9 Pforzheim Enzkreis ohne Sportkreis-Zuordnung Koop. Schule/ Verein davon Förderlinie Integration Koop. Kindergarten / Verein gültige Lizenzen 64 107 84 90 284 298 60 233 125 4 10 3 2 19 51 7 17 34 2 9 7 12 47 33 11 46 38 508 548 476 662 2.272 2.558 1.175 3.113 1.030 5.848 BSB Nord (alle Sportkreise) 1.345 147 205 18.190 13
LINZENZARTEN BSB NORD GESAMT Übungsleiter C Übungsleiter B Prävention Übungsleiter B Rehabilitation Übungsleiter B Ganztag Trainer C Breitensport Trainer B Breiten- und Leistungssport Trainer A Leistungssport Prüfberechtigung Deutsches Sportabzeichen PFiFF-Zertifikat Vereinsmanager C Vereinsmanager B Jugendleiter Jugendleitercard „Juleica“ 2.703 1.284 1.003 19 9.471 805 169 1.798 326 269 40 177 126 VEREINSBEISPIEL SPORTKREIS MOSBACH Der VfK Diedesheim bzw. seine Trainer*innen besitzen bei rund 600 Mitgliedern mehr als 20 gültige Lizenzen – von der Prüflizenz des Deutschen Sportabzeichens über sportartspe- zifische Trainerlizenzen und allgemeine Übungsleiterqualifikationen bis hin zum PFiFF-Zer- tifikat. Auf rund 30 Mitglieder kommt eine Lizenz – eine sehr beachtliche Quote und do- kumentierte Qualität, wovon in weit über 20 Kooperationsmaßnahmen mit Schulen und Kindergärten auch die dortigen Kinder und Jugendlichen in ihrer Entwicklung profitieren. © LSB NRW Michael Großler SPORTVEREINE SIND BILDUNGSPARTNER Fast 20.000 Personen in Nordbaden wurden vom Verbandssystem in meist mehrwöchigen Lehrgangsreihen qualifiziert und verfügen über eine gültige Lizenz, d.h. sie haben in den letzten zwei bis vier Jahren an mindestens einer Qualifi- kationsmaßnahme der Verbände teilgenommen. Daneben wurden unzählige Fortbildungsmaßnahmen für Vereins- funktionäre und in der Sportpraxis tätige Menschen auch ohne Lizenzerwerb angeboten. Vereine und Verbände sor- gen somit kostengünstig für einen immensen nebenberuflichen Kompetenzerwerb und sind somit ein wertvoller und bedeutsamer Bildungspartner – für Kindergärten, Schulen und in der Gesellschaft. 14
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS 3. MITGLIEDSBEITRÄGE, WIRTSCHAFTSKRAFT und INFRASTRUKTUR 3.1 MITGLIEDSBEITRÄGE Trotz insgesamt steigender Einnahmen aus Mitgliedsbeiträ- gen zeigt sich, dass die Mitgliedsbeiträge pro Mitglied bei den Sportvereinen in Deutschland weiterhin niedrig sind. Vergleicht man die Mitgliedsbeiträge im Zeitverlauf mit den Ergebnissen aus der ersten Welle des Sportentwick- lungsberichts 2005/2006, so zeigt sich, dass die Beiträge in den letzten 15 Jahren kaum gestiegen sind (vgl. Breuer, Fei- ler & Rossi (2020)). Vereine bieten durch diese günstigen Beiträge somit ein niedrigschwelliges Sportangebot, wel- ches für eine breite Bevölkerungsschicht erschwinglich ist. DIE SITUATION IN BW L Die Hälfte der Sportvereine in Baden-Württemberg ver- langt einen monatlichen Mitgliedsbeitrag für Kinder von bis zu € 3,30, für Jugendliche von maximal € 4,90 und für Erwachsene von höchstens € 10,00 (Median). DIE SITUATION IN NORDBADEN UND DEN ZUGEHÖRIGEN SPORTKREISEN Sportkreis 1 Tauberbischofsheim 2 Buchen 3 Mosbach 4 Sinsheim 5 Heidelberg 6 Mannheim 7 Bruchsal 8 Karlsruhe 9 Pforzheim Enzkreis BSB Nord (alle Sportkreise) Kinder € 1,10 € 1,00 € 2,30 € 2,00 € 3,10 € 5,50 € 3,80 € 5,00 € 3,80 € 3,30 Jugendliche Erwachsene € 2,00 € 1,40 € 3,50 € 3,30 € 4,00 € 6,00 € 5,00 € 7,50 € 4,00 € 5,00 € 3,90 € 3,20 € 7,80 € 7,70 € 10,00 € 11,50 € 9,10 € 15,20 € 6,00 € 10,00 VEREINSBEISPIEL SPORTKREIS TAUBERBISCHOFSHEIM Der SV Eintracht 1924 Nassig verlangt einen Mitgliedsbeitrag für Erwachsene in Höhe von € 48, Kinder bis 11 Jahre zahlen gar nur € 30 im Jahr! Familien zahlen unabhängig von der Kinderzahl € 90. Dafür können die Mitglieder alle Angebote von Fußball über Tischten- nis, Volleyball und freizeitsportliche Aktivitäten in Anspruch nehmen. Für den Wert einer Eintrittskarte zu einem Rock-Konzert treibt eine ganze Familie in diesem Verein also ein ganzes Jahr Sport – das ist gelebte Familienfreundlichkeit!l SPORTVEREINE SIND BEZAHLBAR Sportvereine sorgen auf Basis des ehrenamtlichen Engagements, aber auch durch das Eintreiben von Geldern aus an- deren Quellen (Spenden, Veranstaltungen) flächendeckend für unglaublich günstigen Sport und ermöglichen damit Teilhabechancen für nahezu alle Schichten. Die regionale Unterschiedlichkeit zeigt, dass Sportvereine differenziert agieren und nur tatsächliche Kosten weitergeben, die in Ballungsgebieten über denen im ländlichen Raum liegen. 15
3.2 WIRTSCHAFTSKRAFT UND STEUERN Die wirtschaftliche Bedeutung der Sportvereine wird veran- schaulicht, wenn man die durchschnittlichen jährlichen Ge- samteinnahmen der Vereine hochrechnet. So ergeben sich Gesamteinnahmen der rund 90.000 Vereine (Bezugsjahr 2016) von rund € 3,50 Mrd. Die Gesamtausgaben der Verei- ne beliefen sich im Jahr 2016 hochgerechnet auf rund € 3,15 Mrd. (vgl. Breuer, Feiler & Rossi (2020)). Wichtig ist in diesem Kontext, dass aufgrund der Gemein- nützigkeit etwaige „Jahresüberschüsse“ nicht privatisiert werden, sondern im Verein verbleiben und dort wieder in- vestiert, also sozialisiert werden. DIE SITUATION IN BW L Gesamteinnahmen Vereine BW: Mittelwert € 44.502/Verein, hochgerechnet auf 11.356 Vereine in BW im Jahr 2017: € 505.364.712 und L Gesamtausgaben Vereine BW: Mittelwert € 39.393/Verein, hochgerechnet auf 11.356 Vereine in BW im Jahr 2017: € 447.346.908 L Steuern Vereine BW: Mittelwert € 8.627, Hochrechnung Anzahl Vereine in BW € 97.968.212. Weiterhin ist das durch die Sportvereine induzierte Steuer- aufkommen nicht zu unterschätzen. So erhalten Sportver- eine nicht nur Unterstützung durch öffentliche Zuschüsse, sondern sie sind selbst auch Steuerzahler. Die Berechnung der Steuerrückflüsse an die öffentliche Hand ist komplex und diffizil, da viele Sonderregelungen für gemeinnützige Sportvereine beachtet werden müssen (vgl. Breuer, Feiler & Rossi (2020)). Dennoch können die berechneten Werte als Tendenzen interpretiert werden. So ergeben die Berech- nungen, dass die steuerlichen Rückflüsse der Sportvereine in Deutschland im Jahr 2016 insgesamt etwa € 644,8 Mio. betrugen. Diese Hochrechnung basiert auf durchschnittli- chen Steuern pro Verein in Höhe von € 7.163 im Jahr 2016.5 € 505.364.712 Gesamteinnahmen Vereine BW € 447.346.908 Gesamtausgaben Vereine BW € 97.968.212 Steuern Vereine BW DIE SITUATION IN NORDBADEN UND DEN ZUGEHÖRIGEN SPORTKREISEN Teilweise ist die Anzahl der Befragten für die Finanzangaben in den einzelnen Sportkreisen zu klein, um eine seriöse Hoch- rechnung zu ermöglichen, daher wird auf die Differenzierung nach Sportkreisen an dieser Stelle verzichtet. Für Nordbaden stellt sich die Situation folgendermaßen dar. L Gesamteinnahmen Vereine BSB Nord: L Steuern Vereine BSB Nord: Mittelwert € 54.987, hochgerechnet auf 2.433 Vereine in Nordbaden im Jahr 2017: € 133.783.371 Mittelwert Vereine des BSB Nord: € 10.035, hochgerechnet auf 2.433 Vereine in Nordbaden im Jahr 2017: € 24.415.155 L Gesamtausgaben Vereine BSB Nord: Mittelwert € 49.082, hochgerechnet auf 2.433 Vereine in Nordbaden im Jahr 2017: € 119.416.506 5 Die Zahlen wurden auf der Basis der Steuersätze hochgerechnet und berücksichtigen auch (pauschal geschätzte) Lohnsteuern, auch wenn der Verein streng ge- nommen nicht der Steuerschuldner ist. Jedoch führt erst die Beschäftigung durch den Verein zur Steuerzahlung und daher ist es durchaus sachgerecht, diese (er- hebliche) Position in die Berechnung einfließen zu lassen. 16
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS 3.3 INFRASTRUKTUR - SPORTSTÄTTEN UND SPORTGERÄTE Bundesweit sind knapp 41 % der Vereine in Besitz eigener Anlagen (inkl. Vereinsheimen). Diese gilt es nicht nur zu bauen, sondern auch in Stand zu halten. Zwei Drittel der Sportvereine in Deutschland nutzen kommunale Sportan- lagen. Rund die Hälfte der Vereine, die kommunale Sport- anlagen nutzen, muss für diese eine Nutzungsgebühr zah- len (vgl. Breuer, Feiler & Rossi (2020)). DIE SITUATION IN BW L Knapp über 50 % der Sportvereine ist im Besitz eigener Sportanlagen (inkl. Vereinsheim). Dieser Anteil liegt recht deutlich über dem Bundesschnitt. 62,5 % bzw. insgesamt rund 7.100 Vereine in Baden-Württemberg nutzen kom- munale Sportanlagen (auch Schulsportanlagen), von 61 % wird eine Nutzungsgebühr erhoben. L Sportvereine investieren über € 220 Mio. jährlich in vom Land geförderte Sportstätten (Referenzjahr 2019). Der Sportstättenbau-Zuschuss des Landes BW liegt aufgrund von Höchstgrenzen und nur teilweise anrechenbaren Kos- ten faktisch bei etwa 13 % der Gesamtkosten (€ 28 Mio.). D. h. 87 % der Kosten (€ 192 Mio.) werden von Vereinen (bzw. durch andere Zuschussgeber, insbesondere Kommu- nen) finanziert. L Sportvereine investieren laut Sportentwicklungsbericht in erheblichem Umfang in Sportgeräte (inkl. Sportbe- kleidung). Durchschnittlich bezogen auf alle Vereine über € 2.000 per anno. Auf alle Sportvereine in BW hochge- rechnet ergibt dies eine jährliche Investitionssumme von über € 22 Mio.. Durch das Land BW werden Großgeräte mit Anschaffungskosten über € 2.000 gefördert. Insgesamt in- vestieren die Vereine in Großgeräte mindestens € 7,3 Mio., davon € 2,2 Mio. Zuschussgelder. Anmerkung: Die Umsatzsteuer, die die Vereine bezogen auf die Baumaßnahmen bezahlen, dürfte das Fördervolumen des Landes übersteigen. knapp über 50% der Sportvereine in BW sind im Besitz eigener Sportanlagen (inkl. Vereinsheim) über € 220 MIO. investieren Sportvereine in BW jährlich in vom Land geförderte Sportstätten 87% der Kosten werden von Vereinen in BW mit kommunaler Unter- stützung finanziert über € 22 MIO. investieren Sportvereine in BW in Sportgeräte DIE SITUATION IN NORDBADEN UND DEN ZUGEHÖRIGEN SPORTKREISEN Sportkreis Vereinsanlagen Nutzung kommunaler Sportanlagen Nutzungsgebühren 1 Tauberbischofsheim 2 Buchen 3 Mosbach 4 Sinsheim 5 Heidelberg 6 Mannheim 7 Bruchsal 8 Karlsruhe 9 Pforzheim Enzkreis BSB Nord (alle Sportkreise) 67 % 71 % 73 % 41 % 45 % 41 % 54 % 54 % 54 % 51 % 68 % 34 % 61 % 66 % 59 % 64 % 61 % 59 % 58 % 61 % 47 % 21 % 51 % 86 % 74 % 81 % 76 % 91 % 85 % 76 % 17
VEREINSBEISPIEL SPORTKREIS SINSHEIM Der Reit- und Fahrverein Zaisenhausen investiert regelmäßig in ,Sportgeräte‘. Im Reitsport ist der Begriff etwas weiter zu denken, denn auch Tiere (und Pflegemaschinen wie Bahn- planer) werden gefördert. In den letzten gut zehn Jahren hat der Verein zusätzlich zu den Zuschüssen von knapp € 10.000 weitere € 50.000 aus eigener Tasche investiert. Zu dieser Verfünffachung kommen die bei Pferden hohen Unterhaltskosten und die Zeit zur Versor- gung von Lebewesen an sieben Tagen in der Woche rund ums Jahr – Zuschüsse, die sich in vielfacher Hinsicht vermehren. © LSB NRW Marc Hernenau © SSC Karlsruhe Michael Chaussette VEREINSBEISPIEL SPORTKREIS KARLSRUHE Der SSC Karlsruhe hat als Sportstätten besitzender Großverein mit weit über 7.000 Mitglie- dern innerhalb von gut fünf Jahren 24 Bauvorhaben geplant, finanziert und umgesetzt – von der Dachsanierung über barrierefreie Umbauten bis zur großzügigen Erweiterung der Innensportanlagen. Das Gesamtvolumen der Investitionen belief sich auf knapp drei Mio. Euro, über die Sportstättenbau-Mittel des Landes Baden-Württemberg wurde der Verein mit einer starken halben Million gefördert. Daneben werden unzählige Stunden an ehren- und hauptamtlicher Eigenleistung erbracht, auch um die Sportstätten laufend ,in Schuss‘ zu halten. SPORTVEREINE SCHAFFEN INFRASTRUKTUR Sportvereine sind in erheblichem Umfang auch im Besitz von Vereinsanlagen. Diese müssen nicht nur gebaut, sondern auch gepflegt und in Stand gehalten werden. Ein nicht zu unterschätzender Aufwand zum Erhalt und zum Ausbau einer notwendigen Infrastruktur, denn Sportstätten sind ein wesentlicher Faktor für erfolgreiche Mitglieder- gewinnung. 18
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS 4.SOZIALRENDITE UND GESELLSCHAFTLICHER MEHRWERT 4.1 SOZIALRENDITE Wenn man jeden investierten Euro an Landesmitteln für den Breiten- und Freizeitsport in Relation setzt zur ehren- amtlichen Wertschöpfung, so erhält man für € 1 Förder- geld rund € 10 Engagement.6 Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kostenansatz der Ar- beitsstunden mit € 15 / Stunde niedrig ist und bei adäqua- ter Bezahlung von hauptamtlichen Kräften im sportprakti- schen Bereich in etwa um das Doppelte höher liegt.7 Spezifische Wertschöpfung im Schul- und Kinder- gartenbereich Bezogen auf Kooperationsmaßnahmen Schule-Verein und Kindergarten-Verein lässt sich die Wertschöpfung auf ein- zelne Maßnahmen bezogen aufzeigen.8 Bei einer staatli- chen Förderung von € 360 bzw. € 460 pro Kooperations- maßnahme (ab 2022 von € 500), erhält man die drei- bis vierfache Wertschöpfung je geförderter Kooperation. Hinzu kommt, dass einige Maßnahmen ohne Förderung durchgeführt werden. Die Vereine unterstützen damit als Bildungspartner Kindergärten und Schulen in herausragen- der Weise und tragen zur Entwicklungsförderung von Kin- dern und Jugendlichen auch außerhalb ihres originären mitgliederorientierten Auftrages bei. Es wird aber auch klar, dass Vereine mit hauptamtlichem Personal auf dieser För- derbasis keine Refinanzierungschance haben. Hier müssen Ansätze wie die „verlässliche Kooperation“ in der Praxis zur Anwendung kommen. Spezifische Wertschöpfung im Investitionsbereich Auch im Bereich des Sportstättenbaus ist eine spezifische Berechnung der Teilwertschöpfung auf der oben referier- ten Zahlenbasis einfach möglich. Hier führt jeder Euro Sportstättenbauförderung (ohne kommunale Förde- rung) zu € 7 bis € 8 zusätzlichen Investitionen. Wirtschaftsrendite Vereine sind Teil des Wirtschaftskreislaufes. Das ehrenamtli- che Engagement in Kombination mit der Gemeinnützigkeit unserer Vereine führen dazu, dass dem System keine Gelder durch die Privatisierung von Überschüssen verloren gehen und Leistungen „unschlagbar“ günstig angeboten werden. Am Ende führen Vereine über jährliche Steuerzahlungen in Höhe von ca. € 100 Millionen in BW einen großen Teil der insgesamt eingesetzten Fördergelder wieder in das staatli- che System zurück. Eingesparte Gesundheitskosten und weitere Renditeeffekte Wir haben uns bei der Berechnung von Sozialrendite-Effek- ten auf vorhandenes, belastbares Datenmaterial aus Nord- baden und Baden-Württemberg beschränkt. Natürlich bil- det dies nur einen Ausschnitt ab. So sind bspw. eingesparte Gesundheitskosten und weitere Effekte mit hohen „Rendi- ten“ nicht berücksichtigt. Auch die privaten sportbezoge- nen Investitionen von Vereinsmitgliedern belaufen sich auf große Summen. Eine Einschätzung der mögliche Größen- ordnungen liefert das „UEFA-Grow-Modell zum Social Re- turn on Investment im Fußballsport“. Dieses Modell hat zum Ziel, die Auswirkungen des Fußballs auf Wirtschaft, Ge- sundheit und Gesellschaft zu beziffern. Die Auswertung ist länderübergreifend. Für Deutschland werden bei 2,1 Millio- nen aktiven Spielern die Gesundheitskosteneinsparungen allein im Bereich des Herz-Kreislauf-Systems auf rund € 500 Mio. taxiert. Darüber hinaus existieren auch länderspezifi- sche Auswertungen (Neuseeland) und projektbezogene Evaluationen bspw. zum Outdoorsport (BOSS mit Co-Finan- zierung durch die EU). Links: https://www.ehrenamtistunbezahlbar.dfb.de/ https://sportnz.org.nz/resources/the-value-of-sport/ https://outdoorsportsbenefits.eu/ 6 Ausgehend von rund € 55-60 Millionen, die den Sportbünden im Solidarpakt III jährlich zur Verfügung standen und den rund € 550 Mio. Wertschöpfung der Eh- renamtlichen in BW (siehe Kapitel 1). Natürlich berücksichtigt dies nur die breitensportorientierte Landesförderung und keine kommunalen Zuschüsse und auch Leistungssportmittel sind hierbei nicht berücksichtigt. 7 Von den außerschulischen Bildungspartnern in BW wurden in Rückkopplung mit dem Städtetag und dem Kultusministerium qualifikationsabhängige Stundensätze berechnet, die ein Arbeitgeber aufbringen muss, um angestelltes Personal mit pädagogischen Aufgaben ohne Gewinn zu refinanzieren („verlässliche Kooperation“). Abhängig vom Qualifikationsniveau liegen die Arbeitgeberkosten pro Stunde in einem Korridor von ca. € 17-46 (ohne Sachkosten, Fahrzeiten und Fahrtkosten), also im Mittel etwa doppelt so hoch wie der Ansatz zur Wertschöpfung durch das Ehrenamt. 8 Siehe Fußnote 3. Rechnet man den Aufwand über ein Schuljahr anhand der qualifikationsabhängigen Stundensätze für nebenberufliche Übungsleiter hoch, so kommt man bei durchschnittlich 35 Kooperationsstunden/Schuljahr auf durchschnittliche Personalkosten von € 1.400. Bei der Durchführung von Unterrichtsein- heiten in Kooperationsmaßnahmen Schule-Verein und Kindergarten-Verein sind neben dem reinen Stundensatz noch Vorbereitungszeiten und Ähnliches berück- sichtigt, wodurch der Arbeitgeberaufwand pro Zeitstunde auf Übungsleiterniveau bei rund € 40 liegt. Hinzu kommen Fahrtzeiten- und Fahrtkosten. 19
4.2 GESELLSCHAFTLICHER MEHRWERT Am Ende sind die hier referierten Leistungen unserer Sport- vereine bei weitem nicht die einzigen Effekte unserer vielfältigen Sportvereinslandschaft und vieles lässt sich eben nicht durch monetäre Relationen erfassen. Sport- vereine sorgen dafür, dass Menschen physiologische Grundbedürfnisse wie Bewegung und Entspannung ausle- ben können. Sie tragen zur Gesunderhaltung und zur Bil- dung von sozialen Beziehungen bei, sie bieten Möglichkei- ten zur Selbstbestimmung und -entfaltung und zum Erleben von Freiheit in demokratischen Strukturen und Pro- zessen. Sie bieten die Möglichkeit zu persönlicher Entwick- lung, zu Anerkennung und Erfolg – auch für jene, die in an- deren Lebenskontexten eventuell weniger Erfolgserlebnisse verzeichnen können. Neben den positiven Effekten der Sportvereine und des Sporttreibens in den Vereinen für die dort aktiven Mitglie- der beschränkt sich der Wert des „organisierten“ Sports aber nicht auf die individuelle Nutzenstiftung. Die Vernet- zungen des Sports als Institution mit seinen vielfältigen Ak- teuren in die Gesellschaft sowie die Querverbindungen des Sports in andere Lebens- und Wirkungsbereiche sind als ei- gener Wert und als zukunftsgerichtetes Entwicklungsfeld anzusehen und gehen deutlich über die dem Sport imma- nente Organisation auf allen Ebenen und Sportarten hin- aus. So hängt bspw. eine nachhaltige Lebensgestaltung in vielen Feldern wie der Mobilität eng mit dem Sport- und Bewegungsverhalten zusammen (s.a. INHERIT-Projekt der EU) und die Selbstorganisationsstruktur des Sports trägt zum Erhalt einer positiven Engagement-Kultur bei. So be- einflusst der (institutionalisierte) organisierte Sport gesell- schaftliche Entwicklungen auch auf europäischer und nati- onaler Ebene und gestaltet sie mit – ebenso wie Vereine und Regionalverbände dies auf kommunaler bzw. regiona- ler Ebene tun. Kurzum, Sportvereine und -verbände mit ihren vielfäl- tigen Strukturen sind ein wertvoller und nicht zu erset- zender, originärer Teil unserer Gesellschaft, der sich eben nicht nur in Euro und Cent ausdrücken lässt. Aber selbst wenn man dies versucht, zeigt es sich deutlich, dass man für jeden eingesetzten Euro ein Vielfaches an nachweisbarer Rendite erhält (Rendite meint dabei zu- sätzliche Investitionen der Sportvereine in Form von Enga- gement und Geld). SPORTVEREINE VERNETZEN DIE GESELLSCHAFT Viele positive Gesundheits-, soziale und wirtschaftliche Wirkungen des (Vereins-)Sports sind inzwischen wissen- schaftlich belegt. Darunter Effekte auf frühkindliche Entwicklung, kognitive Leistung und psychische Gesundheit, chronische Krankheiten (v.a. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs, chronische Atemwegserkrankungen und Diabetes), aber auch auf Gesundheitskosten oder Ungleichheit sowie Empowerment oder Diskriminierung. Siehe dazu u.a. die WHO-Publikationen „Global Action Plan on physical Acitivity“ oder die „Guidelines on physical activity and sedentary behaviour“. 20
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS 5. UNTERSTÜTZUNGSNOTWENDIGKEIT UND BESONDERE HERAUSFORDERUNGEN Der Fokus dieses Papiers liegt darauf, sichtbar zu machen, was Sportvereine WERT(E)volles leisten. Selbstverständlich gibt es aber auch Sorgen und Nöte, deren Kenntnis notwendig ist, damit klar wird, warum Unterstützung dringend erforderlich ist. Da auch und insbesondere die Corona-Pandemie auf die Grundproblematiken einen verschärfenden Einfluss haben dürfte, tritt die Notwendigkeit einer nicht nachlassenden, in Teilbereichen sogar deutlich erhöhten Investitionsbereitschaft umso deutlicher zu Tage. PROBLEMLAGE EHRENAMT Knapp 38 % der Vereine geben an, sich durch mindestens ein Problem in ihrer Existenz bedroht zu fühlen. Damit hat sich der Anteil an Vereinen mit mindestens einem existen- ziellen Problem seit der ersten Welle des Sportentwick- lungsberichts mehr als verdoppelt. Aktuell zeigt sich, dass gerade die Bindung und Gewinnung von ehrenamtlichen Funktionsträger*innen ein existenzielles Problem für Sport- vereine darstellt (vgl. Breuer, C., Feiler, S. & Rossi, L. (2020)). PROBLEMLAGE BÜROKRATIE Kritisch sind zudem die gestiegenen bürokratischen Anfor- derungen an die Vereine zu bewerten. So fühlen sich die Vereine vermehrt durch die Anzahl an Gesetzen und Ver- ordnungen belastet, während ihnen gleichzeitig die Unter- stützung von Seiten der Politik zu fehlen scheint. Dies ist vor allem vor dem Hintergrund problematisch, dass Vereine vorrangig ehrenamtlich organisiert sind und daher eine ge- steigerte Komplexität von den Ehrenamtlichen nur schwer zu leisten ist. Hierbei ist auch die Struktur der Sportvereins- landschaft zu beachten, die vorrangig aus Kleinvereinen besteht, welche aufgrund geringer Ressourcen kaum eine Möglichkeit haben werden, auf bezahltes Personal auszu- weichen. Auch hier sind Vertreter*innen des organisierten Sports und der Sportpolitik aufgefordert, sich der Struktu- ren der Sportvereine bewusst zu sein und dies bei der Aus- gestaltung der bürokratischen Anforderungen vermehrt zu berücksichtigen (vgl. Breuer, C., Feiler, S. & Rossi, L. (2020)). PROBLEMLAGE FINANZEN Einnahmesituation Sportvereine in Deutschland generieren ihre Einnahmen vorrangig aus Mitgliedsbeiträgen. Durchschnittlich machen die Einnahmen aus Mitgliedsbeiträgen einen Anteil von rund 55 % an den Gesamteinnahmen aus. Damit sind Mit- gliedsbeiträge die mit Abstand wichtigste und größte Ein- nahmequelle, gefolgt von Spenden, Einnahmen aus Sport- veranstaltungen sowie Zuschüssen aus der Sportförderung. Nicht zu unterschätzen sind Einnahmen aus einer selbstbe- triebenen Gaststätte sowie aus dem Verkauf von Speisen und Getränken, z.B. bei Sportfesten. Neben den klassischen Einnahmequellen (Beiträge und Spenden) greifen die Verei- ne also auch auf weitere Einnahmequellen zurück, um eine stabile finanzielle Gesamtlage zu gewährleisten. Ausgabesituation Vereine tätigen Ausgaben vor allem für den sportlichen Kernbetrieb, also für Trainer*innen und Übungsleiter*in- nen, für die Unterhaltung und den Betrieb eigener Anla- gen sowie für Sportgeräte und Sportkleidung. Im Vergleich zur letzten Welle des Sportentwicklungsberichts sind die Ausgaben für Personal, sowohl für sportliches Personal wie Trainer*innen und Übungsleiter*innen, als auch für Verwal- tungspersonal, gestiegen. DIE SITUATION IN BW (DATENLAGE VOR CORONA-KRISE) L Die Situation in BW entspricht bei allen angerissenen Pro- blemfeldern grundsätzlich der Bundessituation wobei die Finanzsituation in Nicht-Krisenzeiten stabil ist L 7,1 % der Vereine geben ein existentielles Problem an bzgl. der Anzahl an Gesetzen, Verordnungen und Vor- schriften L 16,3 % der Vereine geben ein existentielles Problem bei der Bindung und Gewinnung von ehrenamtlichen Funktionsträger*innen an L Ca. 70 % hatten am Jahrsende eine mindestens ausge- glichene Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (vor der Corona-Pandemie). Dies trifft auch auf die Vereine des BSB Nord zu. 21
DIE SITUATION IN NORDBADEN UND DEN ZUGEHÖRIGEN SPORTKREISEN EXISTENTIELLE PROBLEME IM EHRENAMT Tauberbischofsheim Buchen Mosbach Sinsheim Heidelberg Mannheim Bruchsal Karlsruhe Pforzheim Enzkreis BSB Nord (alle Sportkreise) 12% 14% 21% 17% 15% 13% 21% 14% 24% 17% DIE SITUATION IN BW IN UND NACH PANDEMIEZEITEN Ehrenamtliches Engagement ist stets in Verbindung mit den bürokratischen Anforderungen zu denken. Hier muss aufgrund der bereits in Normalzeiten sehr angespannten und teilweise existenzgefährdenden Situation alles getan werden, um die unvermeidliche Mehrarbeit im Ehrenamt, auch diejenige, die mit pandemischen Rahmenbedingun- gen einhergeht, so gering wie möglich zu halten; sich stän- dig verändernde und schwer zu verstehende, kleinteilige Regelungen sind im Ehrenamt kaum zu bewältigen. Bereits vor Corona war das Ehrenamt vielerorts an der Be- lastungsgrenze und etliche Vereine benötigen, um die Ar- beit bewältigen zu können, inzwischen bezahlte Kräfte – ob als Aushilfen, in der Geschäftsführung, in der Sportpraxis oder durch Auslagerung von Dienstleistungen bspw. in der Buchhaltung. Diese über die Jahre hinweg aufgebauten Strukturen gilt es zu sichern und auszubauen, nicht um das Ehrenamt zu ersetzen, sondern um es sinnvoll zu unterstüt- zen, gerade wenn in solch schwierigen Zeiten neben dem fordernden Tagesgeschäft neue Anforderungen wie eine ständige Umorganisation aufgrund neuer Hygienevorga- ben o.ä. hinzukommen. Valide Prognosen zur zukünftigen Finanzsituation der Sportvereine sind aufgrund der großen Unterschiede der Vereinsstrukturen und Finanzierungsarten über alle Vereine hinweg und der unsicheren Zukunftsaussichten nur schwer möglich.9 Es ist jedoch absehbar, dass sich die in Vorkrisenzeiten gute Finanzlage der Vereine durch die Corona-Pandemie, insbe- sondere bei andauernden Beschränkungen des Sportbe- triebes, auch stark negativ auf die Finanzen etlicher Sport- vereine auswirken wird. Die größte Hilfe dabei wäre die Vermeidung von weiteren sportspezifischen Beschränkun- gen. Insgesamt muss alles getan werden, um Vereine nicht nur akut, sondern auch perspektivisch zu unterstützen – der Solidarpakt IV weist in die richtige Richtung, muss aber auch auf kommunaler Ebene sinngemäß fortgeführt wer- den. Viele Vereine haben ihre Rücklagen aufgebraucht und werden viele Monate, teilweise Jahre benötigen, um wieder einen angemessenen finanziellen Puffer aufzubauen. Sportvereine sind robuste und überlebensfähige Institutionen. Aber sie sind nicht nur unterstützenswert, son- dern auch auf Unterstützung angewiesen, wenn sie weiterhin Leistungen in diesem Umfang uneigennützig für die Gesellschaft erbringen sollen. Die Unterstützung beschränkt sich dabei nicht nur auf direkte monetäre Leis- tungen, sondern beinhaltet bspw. auch die (kostengünstige) Bereitstellung und den Erhalt von Infrastruktur (u.a. Schwimmbäder) oder den handfesten Einsatz für den Stellenwert des breitensportlich ausgerichteten Vereins- sports – diese Notwendigkeit wurde in der Corona-Pandemie mehr als deutlich. Nicht umsonst, sondern völlig zurecht wurde die „gemeinwohlorientierte Sportvereinskultur” in das bundesweite Verzeichnis des imma- teriellen Kulturerbes von der deutschen UNESCO-Kommission aufgenommen. 9 In diesem Kontext sei auf die im Juni 2021 publizierte Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie „Auswirkungen der Covid-19-Pande- mie auf die Sportwirtschaft“ (abrufbar unter www.bmwi.de) sowie eine den Sportentwicklungsbericht ergänzende Erhebung durch die Dt. Sporthochschule Köln verwiesen. 22
ZAHLEN, DATEN UND FAKTEN ZUR „SOZIALRENDITE“ DES VEREINSSPORTS VEREINE. VERBÄNDE. VERANTWORTUNG. SOZIALRENDITE DES VEREINSSPORTS SPORT IST WERT(E)voll Aus 1 mach 10: Einem Euro Breitensportförderung des Landes Baden-Württemberg steht eine Engagement- leistung der Ehrenamtlichen in unseren Sportvereinen im Wert von mindestens zehn Euro gegenüber. BADISCHER-SPORTBUND.DE IMPRESSUM & QUELLENANGABEN: Herausgeber: Badischer Sportbund Nord e.V. Text: Dr. Florian Dürr, BSB Nord, Karlsruhe Bei den Einleitungen der Kapitel wurden häufig Textbausteine und Formulierungen aus Breuer, Feiler & Rossi (2020) übernommen oder adaptiert. Aus Gründen der Lesbarkeit dieser praxisorientierten Publikation wurde mit Einwilligung der Autoren darauf verzichtet, jedes wörtliche Zitat ein- zeln zu kennzeichnen. Ein Hinweis auf die Quelle findet sich jedoch bei jeder Passage. Koordination: Eva Häberle, BSB Nord, Karlsruhe Gestaltung / Realisation: DER PUNKT GmbH Druck: Druck + Verlagsgesellschaft Südwest mbH Auflage: 3.500 Stück QUELLEN: Für diese Zusammenstellung wurden Datenbestände der Sportentwicklungsberichte für das Verbandsgebiet des BSB Nord ausgewertet. Aus folgenden Sportentwicklungsberichten sind Daten eingeflossen: Breuer, C., Feiler, S. & Rossi, L. (2020). Sportvereine in Deutschland: Mehr als nur Bewegung – Kernergebnisse der 7. Welle des Sportentwick- lungsberichtes (2017/2018) sowie ausgewählte Entwicklungen der letzten 15 Jahre. Köln: Bundesinstitut für Sportwissenschaft Breuer, C., Feiler, S. & Rossi, L. (2019). Sportvereine in Baden-Württemberg: Organisationen und Personen. Sportentwicklungsbericht für Deutschland 2017/2018. Köln: Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Sportökonomie und Sportmanagement. Breuer, C. & Feiler, S. (2017). Sportvereine in Baden-Württemberg. In: Breuer, C. (Hrsg.). Sportentwicklungsbericht 2015/2016. Analyse zur Situa- tion der Sportvereine in Deutschland. Hellenthal: Sportverlag Strauß, S. 264-294. Breuer, C. & Feiler, S. (2017). Integrationsleistungen der Sportvereine in Deutschland. In: Breuer, C. (Hrsg.). Sportentwicklungsbericht 2015/2016. Analyse zur Situation der Sportvereine in Deutschland. Hellenthal: Sportverlag Strauß, S. 101-194. Daneben wurden Daten von folgenden Websites und Quellen verwendet: https://www.statistik-bw.de https://www.lsvbw.de/verband/statistik/ Aus den Datenbeständen des Badischen Sportbundes Nord sowie des Landessportverbandes Baden-Württemberg: - Finanzkennzahlen zum außerordentlichen Haushalt aus dem Jahr 2019 - Daten bzgl. Kooperationsmaßnahmen, Lizenzen und Mitglieder aus dem Jahr 2020. Weiterführende Quellen und Links World Health Organization ( 2020) . WHO guidelines on physical activity and sedentary behaviour. https://www.who.int/publications/i/item/9789240015128. Lizenz: CC BY-NC-SA 3.0 IGO World Health Organization ( 2018) . Global action plan on physical activity 2018–2030: more active people for a healthier world. World Health Or- ganization. https://apps.who.int/iris/handle/10665/272722. Lizenz: CC BY-NC-SA 3.0 IGO https://www.ehrenamtistunbezahlbar.dfb.de/ https://www.inherit.eu/ https://outdoorsportsbenefits.eu/ https://sportnz.org.nz/resources/the-value-of-sport/ 23